Liebe Amely, liebe Doris,
die Weihnachtsvorbereitungen gehen auch an meinen Prinzipienwächtern nicht spurlos vorbei. Daher erst jetzt eine Antwort.
Meine Prinzipienwächter haben drei Erklärungen.
1. Hier die Kurzversion von Herrn Wort:
Der Plural von „der Reis“ ist „die Reise“. In der Mehrzahl wird das stimmlose <s> stimmhaft. Daher schreiben wir auch in der Einzahl das Wort Reis mit einem einfachen s am Wortende.
2. Nun die Langversion von Herrn Alt, der – wie bei ihm üblich – einige tausend Jahre zurück geht.
Das in warmen Ländern wachsende Gras, dessen Körner wir so gerne essen, hat eine lange Reise hinter sich, bevor die Körner auf unseren Tischen landeten.
Diese kleinen weißen Körner haben eine lange Reise hinter sich, bevor sie auf unseren Tischen landen. Und genauso weit war die Reise des Wortes „Reis“.
Das Wort kommt aus dem indischen Sprachraum „vrīhíḥ“. Bei den Griechen hieß es „óryza“ und bei den Römern „oriza“. Später ist das anlautende „o“ verloren gegangen. Über spätlateinisch „risus“, dann italienisch riso und französisch „riz“ ist das Reiskorn als „rīs“ (mittelhochdeutsch) zu uns gekommen. Später wurde das lang gesprochene <i> zu einem <ei>.
Für ein gutes Essen braucht man nicht nur ein einzelnes Reiskorn sondern immer gleich eine ganze Hand voll. Daher nutzen wir das Wort „Reis“ nicht für ein einzelnes Reiskorn, obwohl wir es nur in der Einzahl (der Reis) verwenden.
In Asien, wo dieses Gras vor allem angebaut wird, kennt man sehr viele verschiedene Sorten Reis. Der Plural von „der Reis“ ist „die Reise“. In der Mehrzahl wird das stimmlose <s> stimmhaft. Daher schreiben wir auch in der Einzahl das Wort Reis mit einem einfachen s am Wortende.
3. Eine allgemeine Lösung
Wenn du, liebe Amely, am Wortende ein stimmloses <s> hörst, dann bilde bei einem Nomen die Mehrzahl. Wird aus dem stimmlosen <s> ein stimmhaftes <s>, dann schreibe auch in der Einzahl ein „s“. Bleibt das <s> stimmlos, so schreibe nach einem lang gesprochenen Vokal stets „ß“.
Beispiele: das Gleis – die Gleise, der Gruß – die Grüße, das Haus – die Häuser, der Spaß – die Späße.
Nun gibt es einige wenige Nomen, bei denen kein Plural gebildet werden kann oder die Pluralform selten oder ungewöhnlich ist. Meist gibt es in diesen Fällen ein zugehöriges Adjektiv.
Beispiele: der Ruß – rußig, das Eis – eisig, Fleiß – fleißig,
4. Willst du noch mehr wissen?
Mehr zu diesem Thema findest du hier. Auf diesen Seiten findest du auch eine Liste der Wörter, die mit „s“ bzw. „ß“ am Wortende geschrieben werden.
Herzliche Grüße und ein schönes Weihnachtsfest
Graf Ortho